Leserbrief

Planfeststellungsbeschluss der L 419

Ausgabe 03 vom 21. Januar 2024

Die geplante Autobahn in Ronsdorf ist nicht erforderlich.
In Wuppertal ist eine neue Autobahn für den Fernverkehr auf den Südhöhen geplant. Diese sogenannte SÜDTANGENTE soll die A 46 im Norden von Wuppertal entlasten. Ihre Teile sind die bestehende L 418, eine vierstreifige, kreuzungsfreie Straße, die in Vohwinkel von der A 46 abzweigt und durch den Burgholztunnel und über Cronenberg bis zum Lichtscheid führt und eine geplante Straße von Lichtscheid bis zur Autobahn A 1.
Die geplante Straße im Norden von Ronsdorf besteht aus zwei Teilabschnitten: einerseits durch den Neubau der zweistreifigen Landesstraße 419 von Lichtscheid bis Erbschlö und andererseits durch eine neue Bundesstraße von Erbschlö bis zu einem neuen Anschlussknoten an der Autobahn A 1. Beide Teilabschnitte sollen vierstreifig werden und alle Merkmale einer Autobahn aufweisen.
Der erste Teilabschnitt ist seit wenigen Tagen planfestgestellt. Nach dessen Bau soll die Bundesstraßenverwaltung die neue Straße und die bestehende Landesstraße 418 als Bundesstraße übernehmen und den 2. Teilabschnitt planen und bauen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der Bund die dann durchgehend vierstreifige Südtangente nach ihrer Fertigstellung als Bundesautobahn einstufen.
Seit der Offenlage der Planung für den 1. Bauabschnitt im Jahr 2017 haben sich rechtliche Grundlagen für Autobahnen oder autobahnähnliche Stra­ßen erheblich geändert. Hierzu gehört der Klimaschutz, der bei den Offenlagen der Planung nicht berücksichtigt wurde.
Der erste Bauabschnitt erfordert die Versiegelung großer Flächen, die Vernichtung von Wald und die Fällung von etwa 500 großen Laubbäumen, darunter große Eichen. Bei vier vorhandenen Wohngebieten können nach den vorliegenden Prognosen die zulässigen Lärmwerte trotz Lärmschutzwänden nicht eingehalten werden.
Wesentlich ist auch, dass der Stadtbezirk Ronsdorf durch die geplante Autobahn von seinem Umland im Norden abgeschnitten wird.
Für den zweiten Bauabschnitt gibt es noch keine Planung, keinen Terminplan und keine verbindlichen Zusagen der Bundesstraßenverwaltung. Er ist weder im Bundesverkehrswegeplan 2030 noch im Landesstraßenbedarfsplan enthalten. In Hinblick auf die aktuellen Probleme des Bundeshaushaltes und dem gewaltigen Finanzbedarf für die Erhaltung und Modernisierung vorhandener Autobahnen und Bundesstraßen bestehen erhebliche Zweifel, ob der zweite Bauabschnitt der L 419 in absehbarer Zeit realisiert wird.
Dies bedeutet, dass der erste Bauabschnitt, sollte er in den nächsten Jahren realisiert werden, ein Torso bleiben wird.
Auf der Grundlage der genannten Sachverhalte ergeben sich sechs Fragen zu dem Planfeststellungsverfahren des ers­ten Bauabschnittes:
1. Welche Verkehrsbedeutung hätte der realisierte erste Bauabschnitt der geplanten L 419 ohne den geplanten Anschluss an die A 1? Auf nicht absehbare Zeit würde die vom Land NRW geplante „Autobahn“ als Torso auf einer zweistreifigen Landesstraße enden.
2. Wieso ist das Land NRW bereit, für den Neubau einer autobahnkonformen Straße, der aber eine entsprechende Verkehrsbedeutung fehlt, etwa 100 Millionen Euro aufzuwenden?
3. Sind die Auswirkungen der geplanten Straße mit der Lebensqualität vieler Menschen, der großflächigen Versiegelung des Bodens, der Vernichtung von Wald und den Zielen des Stadtklimas vereinbar?
4. Nach Fertigstellung der SÜDTANGENTE wird der Verkehr auf der L 418 erheblich zunehmen. Wird dann der Immissionsschutz in den benachbarten Siedlungen verbessert?
5. Nach Fertigstellung des 2. Bauabschnittes durch die Bundesstraßenverwaltung soll der örtliche und regionale Verkehr über die Otto-Hahn-Straße zur Blombachtalbrücke geführt werden. Die Otto-Hahn-Straße ist mit der Erschließung des Gewerbegebietes von Ronsdorf voll ausgelastet. Wie soll sie ausgebaut werden, wer soll den erforderlichen Ausbau finanzieren?
6. Welche Bedeutung hat die geplante Autobahn für die Stadtentwicklung von Wuppertal, einer schrumpfenden Stadt? In dem aktuellen „TomTom Traffic Index“ wurde in 27 deutschen Städten der Verkehr analysiert. Demnach kamen in Wuppertal die Menschen am schnellsten voran.
Die raumbezogene Planung der L 419 ist veraltet. Bereits vor 25 Jahren war ein Ausbau der bestehenden Landesstraße 419 und der Anschluss an die A 1 ein Ziel der Landesplanung.
Inzwischen haben sich die Rahmenbedingungen für die Planung von Autobahnen oder autobahnkonformen Straßen geändert. Für den zukünftigen Straßenverkehr ist die geplante L 419 überdimensioniert; ihr Neubau gemäß der vorliegenden Planung nicht erforderlich.

Haimo Bullmann
Echoer Straße 54

Leserbriefe geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder. Der Verlag behält sich das Recht auf Kürzung vor. Anonyme Zuschriften können nicht berücksichtigt werden.

Anzeigen