Leserbrief

Hütchenspieler im Tal

Ausgabe 38 vom 21. September 2025

Wer Phantasie hat, kann sie, von Osten kommend, bei gutem Wetter schon jetzt in der Morgensonne strahlen sehen, die imposante Hängebrücke zwischen Königs- und Kaiserhöhe, durch die tanzenden Menschen, die sie überqueren, leicht schwingend, natürlich, weil Wuppertal eine der Hauptstädte des Jazz ist und es schließlich schon einer der Leitsätze der frühen Jazzer war, dass es schwingen muss.
Andere sehen immer häufiger Vohwinkel und das dortige BUGA-Lokal als öffentliche Anlaufstelle unter wabernden Nebeln, die sich an manchen Tagen bis nach Elberfeld und Barmen in Rat und Stadtverwaltung ausbreiten. Transparenz gehört nicht zu den vorrangigen Zielen der BUGA-Protagonist*innen. Staunend konnte man beispielsweise aus der Wuppertaler Rundschau erfahren, dass aus Sicht der BUGA-Gesellschaft eine Reduzierung des BUGA-Areals von 480.000 Quadratmetern (zweite BUGA-Machbarkeitsstudie) auf 275.000 Quadratmeter (dritte Studie) keine Verschlechterung darstellt und nur Vorteile bringt: Besucher könnten nun das Gelände an einem Tag „schaffen“, was bei der ursprünglichen Planung nicht möglich gewesen wäre. Ach ja, und die neue Variante soll naturschonender sein.
Die Finanzplanung, die vor allem auf öffentliche Fördergelder setzt, die erst noch beantragt und bewilligt werden müssen, sei, wie die Wuppertaler Rundschau berichtete, laut BUGA-Gesellschaft nicht „uto­pisch“, sondern „absolut realistisch“. Und laut OB Uwe Schneidewind seien zentrale Projekte „so“ nur mit der BUGA zu verwirklichen. Nicht möglich seien ohne die BUGA – abgesehen von der Hängebrücke und der Seilbahn – „die Sanierung des Vohwinkler Bahnhofs durch die Bahn, ein mehrere Hundert Wohneinheiten umfassendes, in einen Park eingebettetes Wohngebiet auf dem Lokschuppen-Areal, ein Landschaftspark auf dem alten Gärtnerei-Gelände (…), ein großer Sport- und Spielpark an der Nordbahntrasse, die Sanierung der Zoosäle durch einen Investor, ein Parkhaus und ein lange gewünschtes Parkraumkonzept für das Zooviertel“, alles in allem „ein gewaltiger Investitions- und Zukunftsschub für Vohwinkel und ganz Wuppertal.“ Stimmt das? Hat das mal jemand recherchiert? Gäbe es keine alternativen Realisierungsmöglichkeiten für die einzelnen Projekte? Oder ist das unscheinbare Wörtchen „so“ entscheidend, sozusagen der Notausgang in Richtung Unbestimmtheit?
Besonders dicht ist der Nebel, der auf der angekündigten „umfassenden Bürgerbeteiligung zur Mitbestimmung“ im Rahmen des „Gemeinschaftsprojekts für die ganze Stadt“ (siehe Grund 2 in dem Papier „10 Gründe für die BUGA 2031 in Wuppertal“, das vor dem Bürger*innenentscheid veröffentlicht wurde) liegt. Laut Papier geht es jedoch eher um das Beiprogramm: „Jedes Stadtquartier erhält die Möglichkeit, sich mit eigenen Angeboten und Events zu beteiligen.“
Zum Stand der Bürgerbeteiligung an der BUGA insgesamt ist im Protokoll der Sitzung des Beirats Bürgerbeteiligung am 16. Januar 2025 festgehalten: „So sei (nach Meinung von Teilnehmenden) auch nach der Präsentation (von Vertreterinnen der BUGA-Gesellschaft) nicht klar, wer zu welchem Zeitpunkt wie an der BUGA beteiligt werde.“ Die Wuppertaler sollten sich also keine großen Hoffnungen auf eine zukünftige Mitwirkung machen, zumal ja schon, wie als Reaktion auf diese Kritik aus dem Beirat argumentiert wurde, der „Bürger*innenentscheid zur BUGA“ bereits eine „direktdemokratische Entschei­dung darstellte.“
Doch halt: Könnte es nicht sein, dass die Forderungen nach mehr Bürgerbeteiligung auf einem falschen Verständnis von Beteiligung beruhen? Ist nicht in Wirklichkeit der Förderverein das tatsächliche und angemessene Beteiligungsformat? Wer Geld einbringt oder jemanden kennt, der dazu bereit wäre, darf als „Zünglein an der Waage“ mit darüber entscheiden, was und was wie gemacht wird. Der Vorteil dieses Modells: Mit relativ kleinem privatem Geld lassen sich sehr viel größere Summen öffentlicher Steuergelder „hebeln“. Wo bekommt man schon eine Marketingkampagne zu solchen Konditionen?
Die IHK soll zur Zeit erwägen, ein aktives BUGA-Engagement ihrer Mitglieder mit kostenlosen Schuhplattlerkursen zu belohnen. Der Schuhplattler ist bekanntlich ein Tanz, bei dem man sich, in Trachten gekleidet, parallel zum Ausstoßen von Juchzern immer wieder klatschend auf die nackten Schenkel klopft, übrigens laut bayerischer Tourismuszentrale ein urtümlicher Ausdruck purer Lebensfreude.
Wie man nun hört, sollen die Experten im Förderverein im Auftrag der Stadt ein Hütchenspiel entwickeln, bei dem man auf Marktplätzen oder in privater Runde zu Hause wetten kann, wo sich die Bürgerbeteiligung verbirgt. Testspieler haben erzählt, dass die Bürgerbeteiligung immer nur kurz zu sehen sei, wenngleich in leuchtenden Farben, und dann nicht mehr, egal, wie lange man spiele.
Einige Testspieler wollen bemerkt haben, dass aus den Hütchen, wenn man sie sich über die Ohren stülpt, eine Männerstimme zu vernehmen ist, mal schmeichlerisch-werbend und mal sich in Beschimpfungen und Drohungen gegen die BUGA-Kritiker ergehend.

Georg Wilke
Elfriede-Stremmel-Str. 53

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