KW05 | 04.02.2024

„Wir haben das schon viel zu lange zugelassen“

Ruth Knebel und Günter Urspruch fanden mahnende Worte

Mehr als 200 Menschen hatten sich auf dem Bandwirkerplatz versammelt, um den Opfern des Holocausts zu gedenken und zugleich ein deutliches Zeichen gegen rechte Hetze zu setzen. (Foto: db)

(Ro./PK) Der 27. Januar ist der Tag, an dem man den Opfern des Holocausts gedenkt. Vor 79 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz an diesem Datum befreit. Um das geschichtsträchtige Gedenken auch in Ronsdorf am Leben zu erhalten, hatten die demokratischen Parteien der Bezirksvertretung eine Kundgebung für den Mittag des 27. Januars angeregt.
Obwohl der Grund der Veranstaltung das Gedenken an die Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns war, gestaltete sich das Zusammenkommen der Menschen auch als deutliches Zeichen gegen rechte Parteien wie die AfD, die antreten, die Demokratie zu bekämpfen.
Claudia Schmidt von den Grünen hatte die Kundgebung für 50 Personen angemeldet. Gekommen waren jedoch mehr als viermal so viel. Der Bandwirkerplatz war gut gefüllt. Auch viele Mitglieder der demokratischen Parteien waren anwesend, ergriffen aber nicht das Wort. „Das haben wir bewusst so gemacht“, erklärte Simon Geiß, Vorsitzender der Ronsdorfer SPD. Vertreter*innen der Kirchengemeinden waren ebenso vor Ort wie der Heimat- und Bürgerverein, die Naturfreunde, andere Institutionen und zahlreiche Privatpersonen.
Pfarrerin Ruth Knebel von der Evangelischen Gemeinde, gab in ihrer emotionalen Rede zu, fest davon überzeugt gewesen zu sein, dass sich die Zustände, wie sie unter den Nazis herrschten, nie mehr wiederholen könnten und würden. „Und jetzt bin ich entsetzt“, bekannte sie. „Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit haben sich bereits viel zu lange unwidersprochen ausbreiten können. Wir haben das viel zu lange zugelassen.“ Das aktuelle politische Geschehen erinnere sie an die unselige Zeit. „Man muss dem Rad in die Speichen fallen“, zitierte sie Dietrich Bonhoeffer. Wir müssten mit beherztem Mut unsere Werte aufzeigen und sichtbar bleiben.“ Sie beschloss ihre eindrücklichen Worte mit der Jahreslosung aus dem 1. Korintherbrief: „Bei allem was ihr tut, lasst euch von der Liebe leiten.“
Günter Urspruch, profunder Kenner der Geschichte des Bergischen Landes, vor allem in der Zeit während und nach dem 2. Weltkrieg, warf einen ungeschönten Blick auf die Kriegserlebnisse in Ronsdorf und beschrieb eindrucksvoll bewegende jüdische Schicksale während der NS-Zeit. Bei Vergleichen mit der heutigen Situation erwähnte er die in Teilen rechtsextreme Partei AfD nicht wörtlich, sprach aber von „der braunen Brut“. Man habe damals, so Urspruch, Hitler unterschätzt und gedacht, dass der Spuk schnell vorbeigehe. „Das dürfen wir nicht vergessen und diesen Fehler nicht noch einmal machen“, mahnte das Ronsdorfer Urgestein. „Dabei kann man die Opfer und die Qualen von damals nicht mit denen von heute vergleichen. Damit wird man den Opfern nicht gerecht“, ermahnte er.
Kantorin Silke Schneider spielte zum Abschluss der 45-minütigen Kundgebung „We shall overcome“ (Wir werden es überwinden) und sehr viele der 200 Anwesenden gemischter Altersstruktur und vielfältiger Herkunft sangen inbrünstig mit. Ronsdorf setzte damit ein deutliches Zeichen gegen rechte Parolen und Hetze.

Anzeigen