KW15 | 13.04.2025

„Von guten Mächten treu und still umgeben …“

Berührender Gedenkgottesdienst für Dietrich Bonhoeffer in der Lutherkirche

Ergreifende Stimmung in der sonnendurchfluteten Lutherkirche. (Foto: db)

(Ro./LMP) Am 9. April 1945, also vor fast genau 80 Jahren, wurde der lutherische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg von den Nazis ermordet. Bonhoeffer wurde nur 39 Jahre alt. Zur Erinnerung an diesen Vorreiter der Bekennenden Kirche hatte die Evangelische Gemeinde Ronsdorf am vergangenen Sonntag zu einem Gedenkgottesdienst eingeladen.
Pfarrerin Friederike Slupina-Beck erweckte den Geist und die Taten dieses großen Mannes in einer anderthalb Stunden dauernden Andacht in der Lutherkirche erneut zum Leben. Im Wechsel mit tiefsinnigen, aber doch auch fröhlich klingenden Liedern – Bonhoeffer hatte während eines Auslandsstipendiums in New York Gefallen an den Gospels der Gemeinde in Harlem gefunden – beschrieb Slupina-Beck das ungewöhnliche Leben des Theologen, der aus einem großbürgerlichen Elternhaus stammte.
Der Vater, ein Neurologe und Direktor der Berliner Charité, war ein wissenschaftlich orientierter Mensch, der anderen gegenüber stets Distanz wahrte. Die Mutter entstammte einer Theologenfamilie und war den schönen Künsten zugeneigt. Bonhoeffer habe beide Züge in sich getragen, erklärte Slupina-Beck in ihrem mit Bildern und Fotos auf der Projektionswand begleiteten Vortrag.
Journalist und Autor Peter Klohs trug das Bonhoeffer-Gedicht „Wer bin ich?“ vor, das in einer gezielten Selbstreflexion einerseits die innere Zerrissenheit und Verzweiflung des Verfassers beschreibt, aber andererseits auch die Hoffnung und den unerschütterlichen Glauben an seinen Gott. „Bin ich das wirklich, was andere von mir sagen? Oder bin ich nur, was ich selbst von mir weiß?“, heißt es da. Und später: „Wer ich auch bin, Du kennst mich, Dein bin ich, o Gott!“ – nach Klohs‘ bewegendem Vortrag herrschte für einen Moment eine tiefe, besinnliche Stille in der Gemeinde.
Zu Bonhoeffers Gedanken passte dann wiederum auch das spanisch gesungene Taizé-Lied „Nada te turbe“ mit seinen Zeilen: „Nada te turbe, nada te espante – Quien a Dios tiene, nada le falta.“ („Nichts stört dich, nichts macht dir Angst – Wer Gott hat, dem mangelt es an nichts.“, Anm. d. Red.)
Bonhoeffer folgte mehr und mehr der Diesseitigkeit des Glaubens anstelle der Jenseitigkeit der Religion: „Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit.“ Da­-raus entwickelte sich sein Widerstand gegen den Terror des NS-Regimes. „Tatenloses Abwarten und stumpfes Zuschauen sind keine christlichen Haltungen“, heißt es an anderer Stelle von ihm.
Dietrich Bonhoeffer wandte sich der Konspiration zu. Nachdem eine Gruppe um Admiral Wilhelm Canaris, zu der auch sein älterer Bruder Klaus Bonhoeffer und sein Schwager Hans von Dohnanyi gehörten, im März 1943 zwei fehlgeschlagene Attentatsversuche auf Hitler unternommen hatte, wurde er am 5. April 1943 verhaftet.
Pfarrerin Slupina-Beck beschrieb Bonhoeffers Weg vom Gefängnis in Tegel, die Hölle, die er in der gefürchteten Berliner Gestapo-Zentrale in der Prinz-Albrecht-Straße erlebte, bis hin zu seinem Arrest in der Nähe des KZ Buchenwald und seinen letzten Tagen im KZ Flossenbürg. Nun folgte die ergreifendste Stelle dieses durch und durch berührenden Gedenkgottesdienstes. Gemeindemitglied Heike Jockwer las aus einem Brief von Maria von Wedemeyer – mit der sich Bonhoeffer noch kurz vor seiner Verhaftung verlobt hatte – den diese ihm zu Weihnachten 1944 geschrieben hatte. Und Peter Klohs las das Gedicht, mit dem Bonhoeffer ihr und der Familie aus der Gestapo-Haft heraus antwortete: „Von guten Mächten treu und still umgeben“.
Als die letzte Strophe dieses wohl bekanntes­ten Bonhoeffer-Textes mit seinen wortgewaltigen Zeilen „Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag. Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag“ verklungen war, gab es unter den Zuhörenden wohl niemanden, dem dieser Moment nicht unter die Haut gegangen wäre in der an diesem Tag von Sonnenstrahlen durchfluteten Lutherkirche.

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