(Ro./LMP) Er nennt es liebevoll „Schatzinsel“ – obwohl es gar keine Insel ist, sondern ein Teich mit einer Weide drumherum. Vor 45 Jahren pachtete der Ronsdorfer Bauelemente-Händler Reinhard Düring ein Grundstück zwischen Kottsiepen und Lüttringhauser Straße von den Kabelwerken Reinshagen. Das knapp 1,6 Hektar große Gelände – also etwa zwei Fußballfelder groß – wird seitdem von ihm genutzt und bewirtschaftet.
Das änderte sich auch nicht, als das Grundstück 1995 in städtisches Eigentum überging. Die Stadt Wuppertal schloss damals einen Pachtvertrag mit Reinhard Düring ab, damit er die Fläche als Weide für Pferde und Schafe nutzen konnte. (Eine Kopie des Dokuments liegt dem SonntagsBlatt vor.) Der Vertrag beinhaltete genaue Auflagen – so durften nur ein Pferd und sieben Schafe pro Jahr und Hektar dort gehalten werden, um eine Überweidung zu vermeiden. Der Bach und der Teich durften nicht als Tiertränke benutzt werden. Der Teich sollte als Biotop hergerichtet werden, um als Laichgewässer für Amphibien zu dienen. Man vereinbarte eine Laufzeit des Vertrages auf zehn Jahre und eine anschließende jährliche Kündigungsmöglichkeit. Ein Pachtentgelt wurde ausdrücklich nicht erhoben. So weit, so gut – jedenfalls bis zum Dezember 2024.
Im Rahmen eines (mit dem Sachverhalt nicht zusammenhängenden) Polizeieinsatzes auf dem Gelände wurde die Frage nach dem Eigentümer des Grundstücks aufgeworfen – und die Stadt wurde wohl nach fast 30 Jahren auf die Pachtfläche aufmerksam. Nun ging plötzlich alles ganz schnell. Ende Januar bekam Reinhard Düring Post vom städtischen Ressort „Grünflächen und Forsten“. In dem Schreiben wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem als Pachtvertrag titulierten Vertrag richtiger-
weise um einen Leihvertrag gehandelt habe und dass dessen Fristablauf bereits 2005 eingetreten sei, weil eine Verlängerungsoption nie in Anspruch genommen worden sei. Düring wurde in dem Brief aufgefordert, das Grundstück „unverzüglich“, „spätestens jedoch bis zum 31. März 2025 zu räumen und herauszugeben“.
Der weitere Schriftverkehr findet seitdem zwischen den beiderseits beauftragten Anwälten statt. Reinhard Düring hat der Stadt inzwischen angeboten, einen neuen Pachtvertrag für das Grundstück abzuschließen, eine jährliche Pacht zu zahlen und damit die rechtlichen Verhältnisse für die Zukunft zu klären – schließlich hat er das Gelände seit 45 Jahren gepflegt und bewirtschaftet, ohne dass es Probleme gegeben habe. Darauf will sich die Stadt aber nicht einlassen. „Eine längerfristige Fortsetzung der Gebrauchsüberlassung wird seitens der Stadt Wuppertal […] ausgeschlossen“, heißt es lapidar in einem Schreiben des von der Stadt beauftragten Syndikusrechtsanwaltes, das dem SonntagsBlatt ebenfalls in Kopie vorliegt. Sie bietet lediglich eine „maßvolle Verlängerung der Räumungsfrist“ an und wäre unter Umständen bereit, „Kostenforderungen wegen verspäteter Rückgabe“ zu erlassen.
„Die haben jahrelang gar nicht gewusst, dass das Grundstück ihnen gehört“, wundert sich Reinhard Düring, „Warum haben die es jetzt plötzlich so eilig? Und eine Begründung, wofür sie das Gelände brauchen, haben sie mir bis heute auch nicht gegeben.“ Ein Schlüssel zu dieser Frage liegt möglicherweise im Vorspann des seinerzeitigen Pachtvertragstextes. Dort heißt es 1995: „Gemäß Bebauungsplan Nr. 266 handelt es sich bei der Pachtfläche planrechtlich um eine Friedhofsfläche, die gemäß Friedhofsentwicklungsplan als langfristige Reserve-
fläche für den Stadtteil Ronsdorf vorgesehen ist.“ Dieser „Bebauungsplan 266“ wurde allerdings per Ratsbeschluss bereits im Jahr 2014 teilweise aufgehoben. Stattdessen beschloss man im selben Zug
– also damals – den „Bebauungsplan 1203“, der mit der geplanten Errichtung eines Wohnquartiers „An den Friedhöfen“ seit Ende letzten Jahres bekanntlich wieder in der Diskussion ist. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) wies noch im Januar in einer auch im SonntagsBlatt veröffentlichten Stellungnahme auf die möglichen ökologischen Auswirkungen einer Flächenversiegelung in diesem Bereich hin.
Ob es hier Zusammenhänge gibt und wie es mit Reinhard Dürings „Schatzinsel“ weitergeht – das SonntagsBlatt wird das Thema weiter aufmerksam verfolgen.
KW13 | 30.03.2025
„Schatzinsel“ Kottsiepen plötzlich wieder gefragt?
Pächter Reinhard Düring versteht die Eile der Stadtverwaltung überhaupt nicht
