KW11 | 16.03.2025

Familien-Vereinigung nach mehr als 80 Jahren

Cousinen wussten bis zum heutigen Tage nichts voneinander

Bluma Meinhardt (rechts) bei der Kranzniederlegung mit ihrer Cousine Romana (Mitte) und ihrer Nichte Judy (links). (Foto: db)

(Lü./LMP) Der Verein „Gedenk- und Bildungsstätte Pferdestall Remscheid“ hat vor drei Jahren am Blaffertsberg in Lüttringhausen ein Denkmal für die Remscheider Sinti und Roma errichten lassen, die dort am 2. März 1943 in einer Nacht- und Nebelaktion verhaftet und einen Tag später ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert wurden.
Seitdem findet hier an der Klausener Straße alljährlich eine Gedenkveranstaltung statt, um eine der schwärzesten Stunden der Remscheider Stadtgeschichte nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Am Freitag, dem 7. März, konnte der Vorsitzende des Vereins „Pferdestall“, Hans Heinz Schumacher, unter anderem Peter Richter – den NRW-Landesvorsitzenden des Verbandes der Sinti und Roma – begrüßen. Richter mahnte die Anwesenden, das Schicksal der insgesamt 500.000 von den Nazis ermordeten Angehörigen der Volksgruppe in der Erinnerung wachzuhalten. „Die Angst ist nicht weg. Sie sitzt uns im Nacken – nach wie vor“, erklärte Richter. „Dieses Verbrechen darf nie in Vergessenheit geraten“, appellierte auch Rem­scheids Oberbürgermeister Burk­hard Mast-Weisz in seiner Rede: „‚Nie wie­der‘ ist jetzt, und das nicht nur heute, sondern jeden Tag und in alle Zukunft.“
Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen des Leibniz-Gymnasiums verlasen die Namen der 86 Menschen aus Remscheid – 14 Männer, 21 Frauen und 51 Kinder – die damals von den NS-Schergen verschleppt wurden.
Acht Namen davon stehen auch auf den „Stolpersteinen“ auf dem Gehweg an der Klausener Straße, die letztes Jahr installiert wurden. Ein neunter Stein fehlt, und das aus gutem Grund – kurz vor der Einweihung hatte der Verein „Pferdestall“ herausgefunden, dass ein weiteres Mitglied der dort verewigten Familie Meinhardt der Ermordung durch die Nazis hatte entgehen können. Anna war die Schwester von Friedel Meinhardt, der die Todesmärsche ebenfalls überlebt hatte.
Im Laufe des letzten Jahres schaffte es Andrea Blesius vom Verein „Pferdestall“, in unermüdlicher Recherche-Arbeit die Angehörigen und Nachkommen von Anna Meinhardt ausfindig zu machen. „Ich habe in sämtlichen Foren gesucht, die sich mit Familienforschung beschäftigen. Und plötzlich fand ich Personendaten, die de-ckungsgleich waren. Das war der Durchbruch“, erzählt Blesius gegenüber dem SonntagsBlatt.
Sie hatte tatsächlich in Karlsruhe einen Enkel der inzwischen verstorbenen Anna Mein­hardt gefunden. So kam es am Vorabend der Gedenkfeier letzte Woche zu einer anrührenden Familienzusammenführung nach über 80 Jahren: Bluma Meinhardt, Tochter von Friedel, konnte ihrer Cousine Romana und ihrer Nichte Judy in die Arme fallen, von denen sie bis zum heutigen Tage nichts gewusst hatte.

Anzeigen