KW17 | 28.04.2024

Eine musikalische Sternstunde

Geiger Artiom Shishkov zu Gast in Lüttringhausen

Der begnadete Meister und sein Instrument. (Foto: PK)

(Lü./PK) Das Wort „Star-Geiger“ scheint etwas abgegriffen, auf Artiom Shishkov trifft es jedoch unbedingt zu. So einen hochrangigen Musiker in Lüttringhausen zu Gast zu haben, ist ein Geschenk. Die evangelische Kirche im Dorf war am Sonntagabend mit Besuchenden gut gefüllt, die ein Violin-Solokonzert des 1984 in Minsk geborenen Musikers erleben wollten. Was sie bekamen, war nicht weniger als eine musikalische Sternstunde.
Intonation, Tempi und Ausdruck sind bei Shishkov tadellos, erstklassig. Nicht umsonst wurde der Geiger bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Bereits das Adagio aus der 3. Violinsonate von Johann Sebastian Bach, mit dem das gut einstündige Konzert begann, bewies die Fähigkeiten des belarussischen Musikers. Die Violine ist der menschlichen Stimme sehr verwandt, weshalb man auch von einem einstündigen Gebet sprechen kann. Die Musik klingt durchgeistigt, transzendal, meditativ. Auch Heinrich Ignaz Franz von Biber, über drei Jahrzehnte Zeitgenosse von Bach, komponierte mit den Rosenkreuzer-Sonaten durchgeistigte Musik. Shishkov spielte die letzte der Sonaten mit dem Titel „Schutzengel“.
Mit Eugene Ysaye wurde auch ein modernerer Komponist gewürdigt. Der belgische Violinvirtuose hatte seiner Sonate in d-moll op. 27,3 den Titel „Ballade“ verliehen. Dieser Anspruch wird aber sehr weit gefasst. Das Werk hat sehr temperamentvolle Abschnitte, und Shishkov hatte Gelegenheit, seine stupende Technik auszuspielen.
Höhepunkt des Konzertes war die Partita Nr. 2 in d-moll, BWV 1004, in ihrer Gänze. Im Gespräch mit dem SonntagsBlatt erklärte Shishkow die abschließende Ciaccona als Gipfel der Solo-Violinenmusik. Der letzte der fünf ineinander übergehenden Sätze ist gut 15 Minuten lang und erklimmt immer wieder neue Höhen. „Technisch ist der Ysaye schwieriger“, beschreibt Artiom Shishkow die Musik, „aber diese Ciaccona zu gestalten, ihr eine Form und Dynamik zu geben, ist eine weitaus größere Schwierigkeit.“ Es gelang dem Geiger, der vom Publikum abschließend keinen Applaus sondern In-Sich-Gehen erbat, vollkommen.
Dass Artiom Shishkow bei aller innerlichen Ernsthaftigkeit auch über Humor verfügt, bewies er im Gespräch, das auf Englisch stattfand. „Ich lebe seit sechs Jahren in Berlin“, sagt er, „und das ist auch der Grund, warum ich kein Deutsch spreche.“

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