Meine erste Platte: Mit unserer Serie stellen wir Menschen aus dem Sonntagsblatt-Land vor, die mit uns über ihre erste Platte gesprochen haben. Wir werfen einen Blick auf verschiedene Musikgeschmäcker und unterschiedliche Verbindungen zur Musik.
(Ro./PK) So eine Langspielplatte sieht man wahrlich nicht alle Tage: „Talking about love“ der deutschen Pop-Ikonen Modern Talking, gepresst und herausgegeben von der russischen Plattenfirma Melodija. Antje Bürger freut sich, als der Berichterstatter einigermaßen beeindruckt ist.
„Ich komme ja aus dem Osten“, erzählt die 1974 in Mühlhausen (Thüringen) geborene gelernte Diplomkauffrau, „und wir hatten in der ehemaligen DDR die Plattenfirma AMIGA. Die brachten zwar gelegentlich auch ein Werk von Westkünstlern heraus, aber eben nicht von Modern Talking. Und die waren halt neben Elvis und – natürlich! – Phil Collins unsere Helden.“ Musikalisch sozialisiert wurde Antje von ihrem Vater, der ein großer Musikfreund ist. „Er hörte die Beatles, die Stones, aber auch Eigengewächse wie Karat oder City. Deutschrock fanden wir alle toll, schon immer, und ein bisschen politisch durfte es auch gerne sein. Nicht Wolf Biermann, das war zu eindeutig, aber Gerhard Gundermann, der geht immer.“
Auf jeden Fall studierte Antjes Vater in Moskau. Und bekam heraus, dass Modern Talking 1987 ein Konzert in der russischen Hauptstadt spielen sollten. Da gab es nur eins: Hin! Und von diesem Konzert hat er direkt die vorliegende LP mitgebracht. „In der ehemaligen DDR wäre das so nicht möglich gewesen.“ Der große Hit auf der LP heißt „Cheri Cheri Lady“.
Noch heute mag die Inhaberin der „Ronsdorfer Bücherstube“ Musik aus Deutschland. Nein, keinen Schlager, aber alles zwischen Chansons, Westernhagen, Wir sind Helden, Clueso, Grönemeyer und Dota Kehr. Klassische Musik geht ihr auch gut ins Ohr (Max Richter!), Simply Red und Depeche Mode desgleichen. Simply Red und Coldplay, die ebenfalls einen hohen Stellenwert einnehmen, hat sie auch noch auf der To-Do-Liste der Konzertbesuche. „Hat sich bisher einfach nicht ergeben“, erzählt sie. Dafür sah sie Peter Maffay, am 11. Juni 1990 in Leipzig, vor 60.000 Menschen. „Das war schon hochgradig
beeindruckend.“ Namen wie Hotel Rimini (Album: „Allein unter Möbeln“) oder Olli Schulz fallen in unserem Gespräch.
Antje sollte nach dem Wunsch ihrer Eltern Cello spielen. Sie aber hatte damit wenig im Sinn und wandte sich dem Sport, genauer: dem Volleyball zu. Sie besuchte die Sporthochschule in Leipzig. Obwohl zu Hause ein E-Piano steht, hat sie noch nicht die Zeit gefunden, ein wenig Unterricht zu nehmen: „Wenn ich alles so viel hätte wie keine Zeit“, seufzt sie.
Heutzutage hört sie im Auto Musik. Und: „Ich brauche immer Musik zum Essen. Und wenn ich lese. Ja, leider höre ich auch Spotify.“ Vielleicht wird es ja ein wenig ruhiger in ihrem Leben, und ein Konzertbesuch bei Simply Red wird keine Fantasie bleiben.