KW23 | 09.06.2024

Keine Gewerbeflächen in Naherholungsgebiete

Jägerhaus/Linde wehrt sich mit einer Petition gegen den erneuten Flächenfraß

Aus der Vogelperspektive sieht man genau, wo die Fläche liegt, die umgewidmet werden soll und wer davon betroffen sein wird. (Foto: SW)

(Ro.) Nach den Ankündigungen in der letzten Bezirksvertretungs-Sitzung Ronsdorf, dass diverse Gebiete in der Umgebung umgewidmet werden sollen, um später einmal in Gewerbegebiete für Wuppertal ausgewiesen werden zu können, läuten in der Bürgerschaft des Ortsteils Jägerhaus/Linde die Alarmglocken.
Sonja Milow aus der Hofgemeinschaft Marscheid vom Hof Sonneborn hat im Namen der Nachbarn eine Petition verfasst: „Stopp! Keine Gewerbefläche im Naherholungsgebiet Jägerhaus/Linde – Rons­dorf soll nicht noch mehr Flächen verlieren!“
Sie ist über das Verhalten von Stadtverwaltung und Bezirksvertretung unglaublich ent­täuscht, hat sie doch ohne weitere Erklärungen einen Brief bekommen, der auch 75 Prozent ihres landwirtschaftlichen Betriebes als mögliche Gewerbefläche auszeichnet.
Sicher, es ist noch ein langer Weg, bis es zu einer solchen Maßnahme letztendlich kommt, doch die Negativ-Beispiele rund um Ronsdorfer Gebiete haben sie misstrauisch gemacht: „Gefängnis, Justizschule, Forensik, L 419 und anderes mehr werden von den Ronsdorferinnen und Ronsdorfer geschluckt und nur wenige wehren sich engagiert“, meint Sonja Milow aufgebracht.
Nun liegt also die Petition vor und das SonntagsBlatt gibt ihren Wortlaut hier im Original wieder:
„Wir, die Unterzeichnenden dieser Petition sprechen uns entschieden gegen die Umwidmung der 29 Hektar landwirtschaftlich geprägter Fläche im Bereich Jägerhaus/Linde aus.
Der Bau eines Gewerbegebiets im Landschaftsschutzgebiet Marscheider Wald in Wuppertal hat gravierende Auswirkungen auf die Umwelt, die Lebensqualität der Anwohner*innen, die landwirtschaftlichen Betriebe und die zahlreichen Menschen aus dem Umland, welche die Naherholungsqualität dieses Gebietes täglich für Ruhe, Erholung und für ihre Freizeit oder ein Hobby nutzen.
Wir fordern die Stadt Wuppertal und die Bezirksvertretung Ronsdorf daher dringend auf, diese Fläche von der Liste möglicher Gewerbegebiete zu streichen!
Gründe gegen die Überplanung als Gewerbegebiet:
Erholung und Freizeit
Der Marscheider Wald ist ein regional beliebtes Ausflugsziel mit einer sehr hohen Freiraum- und Naherholungsqualität. Wan­dernde, Radfahrer*innen, Reiter*innen & Hundebesitzer*innen schätzen das Gebiet aufgrund des Ausblicks über das Bergische Land, der weitläufigen Wege, der unberührten Natur und Flora & Fauna.
Verkehrsbelastung
Das Gebiet ist zwar in direkter Nähe zur A1 gelegen, die Anbindung über die L58 an die Autobahn, ein Verkehrsknotenpunkt, ist aber heute schon extrem überlastet. Ein Gewerbegebiet würde die Verkehrssituation weiter enorm verschlechtern.
Eine weitere Anbindung besteht über die L419 an die A46. Auch diese Straße ist heute schon stark überlastet. Ein geplanter Ausbau der L419 würde die Situation eben­falls nicht verbessern.
Außerdem ist eine Anbindung an die A46 nur über die Blombachtalbrücke gegeben.
Die 1959 erbau­te Brücke wird höchstwahrscheinlich in den nächsten Jahren saniert werden müssen, was generell zu weiteren Verkehrsbeeinträchtigungen führen wird.
Zudem besteht eine sehr schlechte ÖPNV Anbindung mit einer zeitweise nur stündlichen Busverbindung Richtung Remscheid-Lüttringhausen beziehungsweise Wuppertal-Oberbarmen. Richtung Wuppertal-Ronsdorf, Cronenberg und Wuppertal-Elberfeld gibt es keine Verkehrsanbindung des ÖPNV über die Blombachtalbrücke.
Die Verkehrsanbindung dieses Gebiets ist daher sehr fragwürdig.
Naturschutz und Tierwelt
Es handelt sich um Flächen im Landschaftsschutzgebiet Wuppertal. Der regionale Grün­zug unterliegt demnach einem hohen landschaftlichen Schutz, welcher auch weiter erhalten werden muss!
Dieser Ort ist Heimat für viele Tierarten: egal, ob Reh, Fuchs, Wildschwein, Waschbär, zahlreiche Vogelarten, Insekten bis hin zu Dachsbauten auf den genannten Flächen. Eine Bebauung würde nicht nur ihren Lebensraum, sondern auch das ökologische Gleichgewicht stören. Es ist ein Gebiet, welches als Freilandklimatop gekennzeichnet ist und Kaltluft produziert. Eine Bebauung hätte somit Auswirkungen auf das gesamte Stadtklima. Das versickernde Regenwasser dieser Flächen fließt bedingt durch die Topografie in kleinen Gräben durch feuchte Wiesen und sammelt sich im durch Schutzanweisung geschützten Marscheider Bachtal und unterstützt daher das Bachökosystem mit seiner Biotopfunktion.
Lokale Landwirtschaft
Das Planungsgebiet befindet sich direkt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen von Höfen, denen dadurch die Exis­tenz genommen wird. Einem Generationsbetrieb, der seit weit mehr als 100 Jahren in Familienbesitz ist und für den die nächste Generation schon bereit steht, soll die Zukunft genommen werden. Familien, die sich stadtnah über die Landschaft und die Tiere freuen, mit ihren Kindern Ponyreiten oder ihre Pferde gut versorgt wissen, verlieren Lebensqualität. Zudem sind die meisten Flächen in Privateigentum. Die Eigentümer*innen wollen diese Flächen auch nicht verkaufen.
Herausforderungen der Be­bauung
In der Machbarkeitsstudie der Stadt Wuppertal wird selbst vor verschiedenen Herausforderungen gewarnt. Dazu zählen zum einen die starke Topografie des Geländes. Das Gebiet fällt zu allen Seiten stark ab, was einen großen Aufwand und Eingriff in die Natur mit sich bringen würde. Zum anderen stellt die Entwässerung des Gebiets ein großes Problem dar. Weiterhin kann aufgrund der Lage im Landschaftsschutzgebiet und den anliegenden Biotopen sowie der Topografie nur ein geringer Teil des Gebiets von den 273.000m² tatsächlich bebaut werden. Die Stadt rechnet hier mit nur 23-35% Nettobauland.
Fazit:
Eine Bebauung des Landschaftsschutzgebiets Marscheider Wald bringt sehr viele Probleme mit sich. Wir verlieren ein Naherholungsgebiet, die Lebensqualität der Anwohnenden sinkt stark, der ansteigende Verkehr und noch mehr Stau belasten uns alle.
Die umliegenden Landwirtschaftsbetriebe verlieren Ihre Existenz und das für eine Bebauung, die extrem aufwändig und dadurch sehr teuer wird und dies obwohl nicht viel der Fläche im Planungsgebiet bebaut werden kann.
Schlussendlich leidet vor allem das Landschaftsbild, die Natur und die Naherholungsqualität.“
Schützen Sie unser Naherholungsgebiet, erhalten Sie die Lebensqualität der Anwohnenden und bewahren Sie den Lebensraum unserer heimischen Tierwelt!
Bitte unterstützen Sie uns mit Ihrer Unterschrift, um den Erhalt dieser wertvollen Fläche sicherzustellen und eine nachhaltige Entwicklung in Wuppertal zu fördern. Die Entscheidung zur weiteren Planung dieses Gewerbegebietes sollte am 1.7.2024 im Rat der Stadt Wuppertal getroffen werden. Nun wurde der Termin verschoben und die Zeit kann für das Unterschreiben der Petition weiter genutzt werden.

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