KW33 | 20.08.2023

Neues Quartier mitten in Ronsdorfs Innenstadt

Informationsveranstaltung zum geplanten „Bandwirkerquartier“

Die Köpfe hinter dem Projekt, Bezirksbürgermeister Harald Scheuermann-Giskes, Bodo Matekja, Harald Wennemar, Carina Schwab vom Ressort Bauen der Stadt, Peter vom Baur und Harald Windgaßen (v.l.n.r.) freuten sich über das roße Interesse der Menschen in Ronsdorf. (Foto: AS)

(Ro./AS) Eine Ronsdorfer Ära geht zu Ende: In spätestens zwei Jahren wird die seit ihrer Gründung im Jahr 1805 in Ronsdorf ansässige Firma vom Baur ihre Zelte in Ronsdorf abbrechen. Nachdem die ersten Webstühle in den Wohnungen der Heimarbeitenden standen, wurde am heutigen Standort im Jahr 1854 die erste Fabrikhalle errichtet, die im Krieg zerstört wurde. Nach Kriegsende erfolte ein koninuierlicher Neuaufbau und eine ständige Vergrößerung des Unternehmens. Damit soll nun endgültig Schluss sein, denn an der Nächstebre-cker Straße wird ein neuer Firmensitz entstehen (das SonntagsBlatt berichtete).
Um den freiwerdenden Platz an der Marktstraße optimal zu nutzen, soll hier auf einer Fläche von 15.600 Quadratmetern moderne Wohnbebauung entstehen – ein ganzes Quartier mitten in Ronsdorfs Zentrum, das von der Front der Markstraße bis zum Ende der Straße Heckersklef reicht.
Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit am Planverfahren fand am Mittwochabend eine Informationsveranstaltung im Saal der evangelischen Kirche an der Bandwirkerstraße statt – eine Veranstaltung vor vollem Saal, und so konnten sich die Verantwortlichen über das große Interesse der Menschen im Stadtteil freuen.
Zunächst stellte der vom Vorhabensträger beauftragte Stadtplaner Bodo Matjeka das geplante Vorgehen vor. Bevor weiter in die Planungen eingestiegen werden kann, werden mehrere Gutachten erstellt, darunter auch eine Prüfung auf mögliche Altlasten im Boden. „Denn Altlasten durch ehemaliges Gewerbe in einem Wohngebiet schließen sich gegenseitig aus“, betonte Matjeka. Auch ein Verkehrsgutachten solle angefertigt werden: wie stellt sich die Lage jetzt und künftig um das geplante Wohngebiet dar? Matjeka gab zu bedenken, dass in dem neuen Quartier rund neunzig Fahrzeuge in der Tiefgarage unterkommen und die Zuwegung ausschließlich über die Marktstraße erfolgen soll. Auch eine Lärmuntersuchung steht auf der Agenda des Stadtplaners. Ebenso müsse man sich Gedanken über ein schlüssiges Entwässerungskonzept machen. Man werde prüfen, ob auch im Hinblick auf die zunehmenden Starkregenereignisse die zu erwartenden Wassermengen ins vorhandene öffentliche Kanalnetz eingespeist werden können.
Architekt Harald Wennemar sprach von einer Blickachse, die vom Bandwirkerquartier über den Bandwirkerplatz bis hin zur Lutherkirche reichen könnte. Die 18 Meter Höhenunterschied werden künftige Anwohnende mit einem Aufzug bewältigen können. Die Fahrzeuge sollen in einer Tiefgarage unter den Häusern unterkommen, denn das Wohngebiet selber soll autofrei bleiben. Hier setze man auf den Mobilitätswandel und auf einen zu erwartenden Rückgang des Individualverkehrs. Modernes und nachhaltiges Bauen wie Dachbegrünung und Photovoltaik­anlagen seien ebenso Bestandteil der Planungen wie eine grüne Mitte, die aber auch Rückzugsmöglichkeiten bieten sollen. Wennemar schätzt, dass rund zwanzig Prozent aus sozialem Wohnungsbau bestehen und es zu einer gesunden Mischung aus Eigentums- und Mieteinheiten kommen wird.
Peter vom Baur vom gleichnamigen Textilunternehmen sprach von einer „schönen Geschichte“ und hofft für seinen neuen Unternehmensstandort auf einen Baubeginn im Frühjahr kommenden Jahres in Nächstebreck.
„Die Pandemie und der Angriffskrieg auf die Ukraine haben das Vorhaben bereits verzögert und für eine Kostensteigerung von bis zu fünfzig Prozent gesorgt“, bedauert vom Baur. Er rechnet damit, dass sein Unternehmen in der zweiten Jahreshälfte 2025 umziehen kann. Dann steht der Abriss des Ronsdorfer Standortes an.
Auf der Informationsveranstaltung bekundeten Anwohnerinnen und Anwohner ihre Ängste vor der drohenden Großbaustelle: Rund 22 Monate müssen sie mit Baulärm und Verkehrsbehinderungen rund um das ehemalige vom Baur-Gelände rechnen, bedauerte Harald Wennemar. „Die reine Rohbauphase würde ich auf ein Jahr schätzen“, relativierte er anschließend.
Schwere Zeiten brechen auch für die Bewohnerinnen und Bewohner der Häuser an, die zugunsten des neuen Quartiers abgerissen werden müssen. Man hatte sie mit einem Schreiben im Juli über den bevorstehenden Abriss informiert und werde ihnen bei der Suche nach neuem Wohnraum helfen, versprach Peter vom Baur.

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